Text, Fotos und Tabellen: Hans-Christoph Thiel,
Univ.-Prof. Dr.-Ing.
Zur Koselmühle 43, 03099 Kolkwitz
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Sonderfahrt am 25. April 2009
Im Pilgerschritt bergan
Auf dem wiedereröffneten Streckenabschnitt der
Weißeritztalbahn bis Dippoldiswalde pendelt derzeit nur eine Zuggarnitur im
Zwei-Stunden-Takt. Das bietet genügend Freiraum mit einer weiteren Garnitur
nicht nur die Lücke(n) zu füllen, sondern ohne straffe Fahrweise einen
variantenreichen Bahnbetrieb zu zelebrieren. Die Professur Eisenbahnwesen der
Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus ließ es sich nicht
nehmen, nach dem lebhaften Zuspruch der geführten Baustellenwanderungen im
vergangenen Jahr, mit einem solchen Sonderzugkonzept die Tradition des
abwechslungsreichen Bahnbetriebs auf der dienstältesten Schmalspurbahn Sachsens
wieder aufleben zu lassen. Am 25. April 2009 bespannte die SDG-Lok L45H 084
einen aus vier Einheitswagen gebildeten Wagenzug und im Zugfolgeabstand ging es
dem P 5002 hinterher. Das ruhige und sonnige Wetter lockte zahlreiche Wanderer
in den Rabenauer Grund. Und die staunten nicht schlecht, zu ungewohnter Uhrzeit
Schienenstoßgeklapper zu hören. In Spechtritz angekommen, drückte Sonderzug P
5110 zurück, um als Scheineinfahrt ein fotogenes Motiv zu sein. Im nachfolgenden
Bahnhof Seifersdorf hatte der Zugführer die Kreuzung mit P 5003 abzuwickeln.
Bevor die Diesellok für die Talfahrt umsetzte, war noch genügend Zeit, mit einer
Scheinausfahrt vorbei am sonnigen Felshang den Fahrgästen die Chance des
„Mitreisens und unverstellten Fotografierens“ zu bieten. Als P 5111 rollte der
Train talwärts und wurde auf Gleis 2 des Bahnhofs Rabenau abgestellt. Die
Mittagpause in der Rabenauer Mühle war mit 80 min ausreichend bemessen, auch
wenn die Wartenden an der Theke der SB-Gaststätte „Zum Wanderer“ und die
Bahnfans auf der Terrasse des Mühlenrestaurants zuweilen mit Unruhe auf die Uhr
schauten. Bevor es erneut bergan ging, ließ die Sonne die neue Stabbogenbrücke
bei km 5,931 im optimalen Licht erstrahlen, die der dampflokbespannte P 5004 mit
voller Kraft passierte.
Das
Wahrzeichen der neuen Weißeritztalbahn - die Stabbogenbrücke oberhalb der
Rabenauer Mühle. VIIK-Lok 99 1761 zieht den Personenzug nach Dippoldiswalde
gleich durch einen 50-m-Bogen, 25. April 2009.
Das Typhon der Diesellok mahnte zur Weiterfahrt, nunmehr
als P 5112, sollte doch der dritte Kreuzungsbahnhof des Streckenabschnitts bis
Dippoldiswalde auch als solcher genutzt werden – der Bahnhof Malter.
„Lang-Kurz-Lang“ pfiff die Diesellok (Morse-Buchstabe K für Kommen) und erlaubte
dem P 5005 aus Dippoldiswalde die Einfahrt auf das zweite Hauptgleis. In
straffer Fahrt rollte der Sonderzug entlang der Talsperre Malter und lief
planmäßig 13.45 Uhr im Bahnhof Dippoldiswalde ein. Wassernehmen war ja für die
Zuglok nicht erforderlich, so wurde sofort rangiert und die Zuggarnitur auf
einem der Nebengleis zur Ruhe abgestellt. Im Schienenersatzverkehr (RVD-Reisebus)
musste die Reisegesellschaft die Gleislücken bis zum Bahnhof Kurort Kipsdorf
überwinden. Das dortige Bahnhofsgebäude ist nach dem Hochwasser 2002 in den
Besitz der Stadt Altenberg übergegangen, musste doch für den Ortteil Kipsdorf
schneller Ersatz für zerstörte Vereinsräume und die Kegelbahn gefunden werden.
Da die DBAG ohnehin kein Interesse am repräsentativen Bahnhofsgebäude mehr
hatte, sichert die kommunale Übernahme und die durchgreifende Sanierung die
Existenz des Hauses für nachfolgende Generationen. Der Vorsitzende des
Kipsdorfer Heimatverein, Herr Dr. Gerhardt, ließ es sich nicht nehmen, den
Sonderzuggästen das Haus quasi vom Dach bis zum Keller zu zeigen. Im kleinen
Museumsraum mit Martin Brendels H0e-Modell des alten Kipsdorfer Bahnhofs wäre so
mancher der Gäste länger geblieben. Allemal Grund genug erneut hierher zu
kommen, und dann hoffentlich ohne Umsteigen im durchfahren Zug von
Freital-Hainsberg aus! Die Cafés vis-a-vis des Bahnhofs erfreuten sich des
Ansturms der zusätzlichen Tagesgäste und im Nu waren alle sonnigen
Terrassenplätze belegt. Während der Busfahrt zurück nach Dippoldiswalde lauschte
man den Kommentaren des Reiseleiters und jeder versuchte quasi im Vorbeifahren
räumlich-zeitlichen Bezug zur Bahngeschichte zu finden. Der Zugleiter in
Freital-Hainsberg gab P 5113 im Bf Dippoldiswalde „grünes Licht“ und schon
rollte der Einheitswagenzug in Richtung Heimatbahnhof. Im Bahnhof Seifersdorf
wurde mit P 5008 gekreuzt, abermals mit ausreichend Zeit, um die fauchende
Dampflok bei anstrengender Bergfahrt fürs Album festzuhalten.
Mit
Volldampf geht es die Steigung zur Talsperre Malter hinauf, hier bei Ausfahrt
aus dem Bahnhof Seifersdorf, 25. April 2009
Wie bei zu so manchem Tagesausflug kehrte am
späten Nachmittag Stille in die Personenwagen ein: Beeindruckt vom Geschehen
rund um die Weißeritztalbahn, aufgetankt durch Sonne und frische Luft sowie die
Genüssen aus sächsischer Küche in angenehmer
Erinnerung, fanden vor allem die von weither Angereisten aus Berlin, Cottbus,
Hamburg, Magdeburg und Erfurt Energie für ihre Rückfahrt nach Hause. Das SDG-Zugteam zeigte sich von der freundlichsten Seite. Ebenso gebührt der
Betriebsleitung der Weißeritztalbahn für den anspruchvollen Fahrplan der Dank.
Der Erfolg des Sonderzugtages durfte ja fast schon erwartet werden, sind doch
viele der 750-mm-Eisenbahner mit ihrer Bahn und der Interessengemeinschaft
Weißeritztalbahn e. V. „verheiratet“. Mit dem AUF WIEDERSEHEN am Hainsberger
Hausbahnsteig wurde in breiter Front der einhellige Wunsch geäußert, alsbald zum
nächsten Sonderfahrtag eine Einladung zu erhalten. Und noch etwas war zu
spüren, was die Bahnszene sehnsüchtig erwartet – ein wahres Feuerwerk auf der
HK! Leider wird es das auch an beiden Tagen des Juli-Festivals zwischen
Freital-Hainsberg und Dippoldiswalde nicht geben, denn mit maximal drei
Zuggarnituren – eine davon ist der Radebeuler Traditionszug - ist die HK noch
lange nicht ausgelastet. Schade, mit dem Zittauer Triebwagen und einem
gleichzeitigen Jöhstädter Gastspiel bekäme die Wiederaufbauforderung bis Kurort
Kipsdorf eine bislang nicht da gewesene Dimension: Man stelle sich vor – alle
verfügbaren Trains stehen auf den zuglangen Dippoldiswalder Gleisen und „spielen
die Abfahrt ins Gebirge vor“!