Text, Fotos und Tabellen: Hans-Christoph Thiel,
Univ.-Prof. Dr.-Ing.
Zur Koselmühle 43, 03099 Kolkwitz
Mobil +49 177 2417089
hc.thiel@tu-cottbus.de
Volldampf im Tal der Roten
Weißeritz
18./19. Juli
2009 - 1. Schmalspurbahn-Festival auf der
Weißeritztalbahn Freital-Hainsberg - Kurort Kipsdorf
Nach Jahren
zähen Ringens um den Wiederaufbau der vom Hochwasser 2002 zerstörten
Weißeritztalbahn, die im ersten Streckenabschnitt von Freital-Hainsberg bis
Dippoldiswalde seit 13. Dezember 2008 wieder Alltag ist, wird am kommenden
Wochenende 18./19. Juli 2009 das erste Schmalspurfestival rundum diese Bahn
stattfinden. Die beiden Tage werden auch im Gedenken an das 125-Jahr-Jubiläum
dieser Bahn stehen, das während der intensiven Bauarbeiten am 3. September 2008
hätte gefeiert sollen.
Mehr als 50
Züge zu mehr als 50 Einzelveranstaltungen
Unter dem
Management des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO) sind alle Städte und Gemeinden
entlang der dienstältesten Schmalspurbahn Sachsens mit von der Partie. An allen Bahnhöfen
und Haltepunkten wird an beiden Tagen ein vielfältiges Programm für Jung und Alt
geboten. Über 50 Einzelveranstaltungen
sind es, die ein erlebnisreiches Wochenende garantieren. So präsentiert der
Erfinderclub Freital erstmals sein Großraumspiel „Weißeritztalbahn“.
Im Coßmannsdorfer WeißeritzPark läuft ein Grillweltmeister
zur Hochform auf. In Rabenau sind die Miniaturbahnen des Modellbahnclubs
in Aktion zu sehen. „Zu Stuhle“ bittet das Deutsche Stuhlbauermuseum
mit einer Zeitreise durch 200 Jahre der alltäglichen und kunstvollen hölzernen
Vierbeiner. Der Mühlenhof Seifersdorf lädt
zum Sommerfest ein und in Dippoldiswalde wird Dippold, der Namensgeber
der Stadt, für kurzweiligen Spaziergang zwischen
dem Bahnhof und dem Lohgerbermuseum sorgen. Höhepunkt der beiden Tage wird
gewiss das nächtliche Spektakel „Malter in Flammen“
sein, das am Samstag 23.00 Uhr an den Ufern der Talsperre Malter beginnt. Auf
Plakaten und in Flyern eingekündigt, dürfte keine der Veranstaltungen leer
ausgehen.
Familienfreundliche Gesten
Als
Bahnbetreiber hat die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft (SDG)
gemeinsam mit den beiden Eisenbahnvereinen Interessengemeinschaft (IG)
Weißeritztalbahn e. V. und Traditionsbahn
Radebeul e. V. über 50 Zugfahrten
angekündigt. Die nahezu stündlich verkehrenden Züge machen jedermann mobil. Wie
bei vielen Großveranstaltungen auch, wird empfohlen mit öffentlichen
Verkehrsmitteln anzureisen. Aber dennoch, in Freital-Hainsberg, aber auch in
Malter und Dippoldiswalde sind reichlich Parkplätze vorhanden. Fahrkarten
sind in den Zügen ohne Aufpreis erhältlich, wie
generell bei der SDG. Die IG Weißeritztalbahn hält zudem die vier
Agenturen in Freital-Hainsberg, Freital-Coßmannsdorf, Seifersdorf und Malter
offen, in denen auch Souvenirs angeboten
werden, so auch der neue Jahreskalender 2010.
Alle Züge können ohne Aufpreis und Reservierung benutzt werden. An beiden
Tagen fahren Kinder bis 14 Jahren in Begleitung
Erwachsener sogar kostenfrei mit – eine
besonders familienfreundliche Geste! Ebenso kostenfrei sind die
Lokmitfahrten im Bahnhof Freital-Hainsberg.
Radebeuler
Traditionszug ohne Zuschlag und Vorreservierung
Zusätzlich zum alltäglich eingesetzten
Fahrzeugpark wird ein zweiter Zug mit den so genannten Einheitswagen auf Tour
gehen, dem der von der IG Weißeritztalbahn e. V. bewirtschaftete Salonwagen
beigestellt ist. Höhepunkt wird das Gastspiel des Radebeuler Traditionszuges
sein, der zuletzt vor über 26 Jahren hier zur 100-Jahr-Feier
der Weißeritztalbahn zum Einsatz kam. Im Traditionszug sind erstmals seit
Jahrzehnten auf der Weißeritztalbahn zweiachsige Oberlichtwagen eingereiht, so
z. B. der Zugführerwagen 1441k der Interessengemeinschaft Verkehrsgeschichte
Wilsdruff e.V. Für den Traditionszug steht die Dampflok IV K Nr. 176 (99 586)
unter Dampf, assistiert von der Freitaler IV K Nr. 99 608, die beide als Zug-
und Vorspannlok den Traditionszug bergan fahren werden. Talwärts rollt dieser
Zug mit Zug- und Schlusslok. Den zwei schwereren
Wagenzügen
sind die Loks der Baureihe VII K vorbehalten, von denen die 99 734, 99 746 und
99 771 unter Dampf stehen werden. Dieselloks werden im Bahnhof Freital-Hainsberg zum
Rangieren zur Verfügung stehen, in der Hoffnung, nicht doch noch für eine
defekte Dampflok auf Strecke gehen zu müssen.
Der
Mehrzugbetrieb wird von der Zugleitung in Freital-Hainsberg gesteuert, mit der
das Fahrpersonal auf den unbesetzten Bahnhöfen und Haltepunkten in Kontakt
steht. Alle Kreuzungsbahnhöfe werden als solche auch genutzt.
Abgesehen vom Bahnhof Freital-Hainsberg wird es in den Bahnhöfen von Rabenau,
Seifersdorf und Malter lebhaften Bahnbetrieb geben. Im Bahnhof Dippoldiswalde
wird es dafür aber eher beschaulich zugehen, auch wenn der dortige Wasserkran
nicht zur Ruhe kommen darf.
Noch immer ist
Kurort Kipsdorf ohne Bahnanschluss!
Eines darf bei
aller Euphorie der beiden Tage jedoch nicht vergessen werden – die
Weißeritztalbahn hat ihre beiden Endbahnhöfe in Freital-Hainsberg und im Kurort
Kipsdorf! Und dafür fehlt noch der
Wiederaufbau eines ca. 11 km langen Streckenteils.
Von der sächsischen Landespolitik längst und wiederholt versprochen, liegen
angesichts ruhender Baustellen und ausbleibender Gäste nicht nur bei so manchem
Hotelier und Gastwirt die Nerven blank, wie jüngst auf einer Mahnwache am
14. Juni öffentlich kundgetan. Möge jedes
nachfolgende Schmalspurfestival dieser Bahn auch alle Orte bis hinauf nach
Kurort Kipsdorf in Hochstimmung versetzen!
Hier der
Fahrplan auf einen Blick:

Einen fotografischen Vorgeschmack gefällig?
(Alle Fotos (C) 2009, Hans-Christoph Thiel)
Ruhe
vor dem (An)Sturm: In der Mittagpause stehen im Lokschuppen Freital-Hainsberg
die grüne IVK 99 586, auf dem Nachbarstand die VIIK 99 734 und vor dem Schuppen
die Dieselloks L45H 084 und die V10C, 09. Juli 2009.
Die Zuglok 99 1746 hat mit ihrem 9-Wagen-Zug keine große Mühe bergan zu kommen,
hier bei Einfahrt in den Haltepunkt Freital-Hainsberg, 09. Juli 2009.
Das
Wahrzeichen der neuen Weißeritztalbahn - die Stabbogenbrücke oberhalb der
Rabenauer Mühle. VIIK-Lok 99 1761 zieht den Personenzug nach Dippoldiswalde
gleich durch einen 50-m-Bogen, 25. April 2009.
Mit
Volldampf geht es die Steigung zur Talsperre Malter hinauf, hier bei Ausfahrt
aus dem Bahnhof Seifersdorf, 25. April 2009.
"Dampfbahnfahren
oben ohne" - der neue Aussichtswagen garantiert ungetrübten Ohren-
und Augenschmaus, nicht nur bei Tageslicht, sondern auch in den Abend- und
Nachtstunden bei hoffentlich wolkenlosem Sternenhimmel.
An der Talsperre Malter, 23. Mai 2009.
Von
Dippoldiswalde kommend rollt ein Personenzug am östlichen Ufer der Talsperre
Malter entlang, 23. Mai 2009.
... und die Vorstellung der
"neuen" Weißeritztalbahn in Cottbus:
Stadt-
und Regionalbibliothek Cottbus, Berliner Str. 13/14, 03046 Cottbus,
www.bibliothek-cottbus.de
Donnerstag, 15.10.09, 19.30 Uhr
Hans-Christoph Thiel:
"Wieder unter Dampf" - Lesung und
Gespräch zum Wiederaufbau der Weißeritztalbahn
Schmalspurbahnen, noch dazu dampfbetriebene, stehen für
eine lebendige Eisenbahngeschichte und unterliegen dennoch den harten Regeln der
Verkehrswirtschaft. Abgesehen von ihrer Spurweite von 750 mm ist auch für die
Weißeritztalbahn „Freital - Hainsberg - Kurort Kipsdorf“ nichts mehr so wie noch
vor Jahrzehnten. Im August 2002 vom Jahrhunderthochwasser verwüstet,
privatisiert, ohne Gütertransporte, besteht sie heute ausschließlich als
faszinierende touristische Attraktion. Nach sechsjähriger Betriebspause ist sie
„wieder unter Dampf“, vorerst auf einem phantastisch wiederhergestellten
Teilstück. Dr.-Ing. Hans-Christoph Thiel, Professor am Lehrstuhl Eisenbahn- und
Straßenwesen an der BTU Cottbus, sieht darin eine Chance aber nicht das
Allheilmittel für ihre Zukunft.