Von Cottbus auf den Brocken und zurück
Sonderfahrt des LDC - Lausitzer Dampflok Club e. V. am 13.10.2007

Rechtzeitig ausgestattet mit der LDC-Fahrkarte im neuen Design ging es für mich des erste Mal hinauf auf den Berg der Deutschen - auf den Brocken. Als Beleg der Glaubwürdigkeit (die Fotos hätte ja auch ein anderer für mich machen können) sind rechts die ganz persönlichen Erinnerungen festgehalten. Um es  vorwegzunehmen, auf dem Brocken war an diesem Tage nachmittags Windstille (!), bevor gegen 16.30 Uhr Wolken als Nebenbänke den Gipfel querten.
Auf der historischen Streckenführung der Halle-Guben-Sorauer Eisenbahn fuhren wir westwärts über Finsterwalde, Falkenberg, Torgau und Eilenburg dem Kilometer 0,0 im Hallenser Hauptbahnhof entgegen. Unmittelbar bei der Einfahrt in den Hauptbahnhof Halle konnten wir die traurigen Reste des ersten deutschen Bahnbetriebswerks für Elektroloks sehen (rechts).
In Halle wechselte die Bespannung von der LDC-Lok 03 204 auf die DB-Museumslok 03 1010 (oben/links), die den Sonderzug via Sangerhausen nach Nordhausen brachte. 
Nach Passieren eines der Höhepunkte der Fahrt im Blankenheimer Tunnel rollte der Zug wieder bergab, in Fahrtrichtung rechts konnte man die Zeugnisse aus der Zeit des Kali- und Kupferschieferbergbaus sehen!

Spurwechsel auf 1000 mm

Vom Hausbahnsteig des normalspurigen Bahnhofs Nordhausen war es nur ein kurzer Weg über den Bahnhofsvorplatz zum HSB-Bahnhof Nordhausen Nord, in dem der schmalspurige Sonderzug bereits geduldig wartete, denn wir hatten immerhin 45 min Verspätung! Momentaufnahmen in der Kürze der Zeit: Auf dem Verbindungsgleis (oben) zwischen der Nordhäuser Straßenbahn und der HSB kommt aus Richtung Ilfeld eine DUO-Triebwagen 201 der Linie 10 "ins Bild gefahren" (oben rechts).
Kreuzung mit dem "Halberstädter"-HSB-Triebwagen 187 018 in Niedersachswerfen Ost (oben links). EBO-Bedingungen für Blindenleitstreifen auf Bahnsteige der Schmalspurbahnen zu übertragen, offenbart Widersprüche (oben rechts).
Um für die Bergfahrt auf den Brocken mit Schornstein voran fahren zu können, zog die 99 222 den Sonderzug rückwärts bis Drei Annen Hohne. Bevor es ab Eisfelder Talmühle so richtig in die Berge ging, wurde nochmals Wasser nachgefasst (oben). Die Liste aller HSB-Triebfahrzeuge ist hier zusammengestellt.

Links das vereinfachte Längsprofil der Harzquer- und Brockenbahn.

Die "Wasserpause" im Bahnhof Eisfelder Talmühle reichte kaum aus, Details vom Einsatz der Vevey-Rollböcke mit gewohnter Ruhe aufnehmen zu können. "Am Rand" stand eine bereits beladene Wagengruppe (drei Vierachser), die mit einer weiteren gleichstarken Wagengruppe zum Ganzzug nach Nordhausen Nord formiert wurde. Als unser Sonderzug bereits anfuhr, rollte eines der beiden für den Einsatz der Vevey-Rollböcke angepasste Harzkamel 199 872 mit der Übergabefahrt von der Ausweichanschlussstelle Unterberg (Hartsteinwerk, Strecke nach Stiege/Hasselfelde) in den Bahnhof hinein. Der Schotter- bzw. Splitttransport ist der einzige Güterverkehr, der der HSB geblieben ist. Mit fünf Güterzugpaaren zu je sechs aufgebockten Facns-Wagen werden 1950-t-Ganzzüge zu einem Kunden nach Amsterdam gebildet. Als zeitnahe Infoquelle sei www.ig-hsb.de/  bottun „Harzbahn Post“ empfohlen, ansonsten siehe auch hier.
Der Rollwagen im Bf Drei Annen Hohne (oben rechts) zeugt von der bis zur Wende üblichen Transporttechnologie, die bei Harzquer- und Brockenbahn 1963 eingeführt wurde und den ursprünglichen Rollbockverkehr zwischen Nordhausen und Ilfeld sowie Wernigerode und Steinerne Renne ablöste, abgesehen vom sonst erforderlichen Einsatz der Schmalspurgüterwagen im Gesamtnetz.

Rechts das vom Schottertransport erheblich verursachte, aber dennoch normale Verschleißbild an der Zungenvorrichtung der Bogenaußenseite des Zweiggleises einer Weiche.

Die Bilder unten sind von John Henry Deterding und zeigen die Bedienung der Ausweichanschlussstelle Unterberg (links) und die neue Rollbockgrube in Nordhausen (rechts).

Auf "halben Weg" zum Brocken
In zügiger Fahrt, die Verspätung fast auf 10 min eingeholt, rollte der Sonderzug gezogen im leichten Auf und Ab durch die Hochfläche von Benneckenstein, Sorge und Elend. Bevor im Bf Elend mit einem Planzug (unten links) gekreuzt wurde, bestand Gelegenheit Details unserer Zuglok, der Traditionslok 99 222 aufzunehmen.

Vor dem Richtungswechsel musste gebunkert werden!

Nach der Einfahrt in den Bahnhof Drei Annen Hohne musste die Lok an die andere Zugseite wechseln und bekam mit einem "fliegendem Kohlekran" Brennstoffnachschub (oben). Das war an jenem Tage nicht nur wegen des Langlaufs für unseren Zug erforderlich, sondern auch für jene Züge, die auf der Brockenbahn pendelten. Ein aus dem Bahnbetriebswerk Wernigerode eilig herbei gerufener Schlossertrupp musste an unserer Lok eine Reparatur vornehmen, da der Bahnräumer drohte abzufallen (rechts)!
Von der Hektik des Bahnpersonals unbeeindruckt sonnen sich die Fahrgäste, aber auch die dienstfreien LDC-Mitglieder (links). Mit der Webcam des Bahnhof Drei Annen Hohne kann jederzeit der Bahnhofseindruck wiederholt werden.
Mit 1:30 straff bergan!

       0,0    Bf Nordhausen Nord (Nh)

       1,5    Hp Nordhausen Hesseröder Straße (Nhh)

       2,2    Hp Nordhausen Altentor (Nha)

       2,9    Hp Nordhausen R.-Huch-Straße (Nhr)

       4,5    Bf Nordhausen-Krimerode (Nhk)

       6,2    Hp Niedersachswerfen Herkules (Ndb)

       7,0    Bf Niedersachswerfen Ost (Nds)

       8,2    Hp Niedersachswerfen Ilfelder Straße ((Ndi)

     10,1    Hp Ilfeld Schreiberwiese (Ifs)

     10,7    Bf Ilfeld (If)

     11,4    Hp Ilfeld Neanderklinik (Ifn)

     12,8    Hp Ilfeld Bad (Ifb)

     14,0    Hp Netzkater (Nk)

     17,3    Bf Eisfelder Talmühle (Etm)

     19,5    Hp Tiefenbachmühle (Tf)

     21,4    Hp Sophienhof (Sh)

     25,1    Zlst Kälberbruch (Klb,Trapeztafel)

     29,8    Bf Benneckenstein (Bek)

     33,4    Hp Sorge (So)

     37,3    Zlst Allerbach (Ab, Trapeztafel)

     41,6    Bf Elend (Eld)

     46,4    Bf Drei Annen Hohne (Drw, Richtungswechsel)

       0,0    Bf Drei Annen Hohne

       2,9    Bk Knaupsholz (Kn,Blocksignal)

       5,4    Bf Schierke (Schr)

       8,6    Bk Bobbahn (Bb, Blocksignal)

     10,9    Bk Eckerloch (Eck, Blocksignal)

     13,6    Bf Goetheweg (Gow)

     16,6    Bk Brockenmoor (Brm, Blocksignal)

     19,0    Bf Brocken (Bro)

Die Brockenbahn (Skizze oben) steigt von Drei Annen Hohne bis auf den Gipfel, abgesehen vom Bahnhof Schierke, unaufhörlich auf. Die Fahrt durch dichte Wälder ließ nur vereinzelt den Blick auf den Westharz zu, nur kurz vor und auf dem Brocken kann man - wenn man Glück hat - die Fernsicht genießen (unten).
Keines der Hauptsignale bremste unsere Bergfahrt. So ähnlich wie auf dem alten Belegblatt vor Jahren (rechts) dokumentiert, war die betriebliche Situation. Ein Gegenzug musste ins Rückdrückgleis des Bf Goetheweg ausweichen (oben links) und wir erhielten den Durchfahrauftrag bis zum Brocken.

Parallel zum Wanderweg (links, Blick zum Brocken) und mit mehr als einer Runde um den Gipfel war der Höhepunkt des Tages erreicht (rechts).

Unser Zug musste im Bahnhof Brocken auf dem mittleren Gleis einfahren, dem letzen freien Gleis! Welch ein Empfang auf dem Gipfelbahnhof, denn der Traditionszug mit beiden MALLETs und (fast) allen historischen HSB-Wagen stand bereit zur Rückfahrt nach Wernigerode. Nach kurzem dumpfen Pfiff der für Nichtharzer gewöhnungsbedürftigen Dampfpfeife einer der MALLETs rollte der Traditionszug talwärts, im Blockabstand folgend der nächste Regelzug mit 99 7239. Mit der Webcam auf dem Brocken hat man auch vom gemütlichen Zuhause aus die Chance etwas vom Bahnbetrieb zu sehen. Der über zweistündige Aufenthalt auf dem Bergplateau bot genügend Gelegenheit, die fantastische Fernsicht und die seltene Windstille auf solch exponierter Höhe zu genießen. An diesem Samstagnachmittag musste die HSB alle verfügbaren Fahrzeug aufbieten: Sechs Zuggarnituren auf der Harzquer- und Brockenbahn, Sonderfahrt des Traditionszuges, der LDC-Sonderzug, ein Triebwagen im Abschnitt Wernigerode - Eisfelder Talmühle, vier Triebwagen im Abschnitt Nordhausen - Eisfelder Talmühle und auf der Selketalbahn bis Gernrode bzw. Quedlinburg sowie zwei Dampfzüge auf der Selketalbahn.
Zwischen Drei Anne Hohne und Brocken herrschte solch ein dichter Zugverkehr (rechts Bildfahrplan), dass von Mittag an in den Bahnhöfen Schierke und Goetheweg stets Zugkreuzungen stattfinden mussten und sogar vier Mal je zwei Züge im Blockabstand fuhren, so wie oben auf Fotos festgehalten der Regelzug dem Traditionszug folgte. Und diesen beiden Zügen musste der nächste Zug bergwärts im Bf Goetheweg ausweichen, der dann mit voller Kraft die restliche Strecke zum Gipfel in Angriff nahm (unten links). An solchen Tagen transportiert die Brockenbahn etwas mehr als 6.000 Fahrgäste, Stehplatzgedränge nicht mit gerechnet! Beim dichten Baumbestand unterhalb der Bergkuppe lassen sich die Züge nur an ganz wenigen Stellen beobachten, eher verrieten die wandernden Rauchzeichen den regen Zugverkehr.
Schwere Tür- und Fensterkonstruktionen und massive Wanddicken etc. lassen erahnen, welchen Naturgewalten hier getrotzt werden muss! (Links)

Ab jetzt geht´s nach Hause ...

So wie wir unpünktlich auf den Brocken kamen, erholte sich der gesamte Zugverkehr auf der Brockenbahn nicht von den Verspätungen an diesem Tage. Wir sollten 17.00 Uhr die Rückfahrt antreten, doch zu diesem Zeitpunkt stand noch der vorausfahrende Planzug am Bahnsteig (ab 16.53 Uhr, oben links). Kaum rollte er los, folgten auch wir mit der blitzblank geputzten 99 222 (oben), bei flotter Talfahrt "liefen" wir aber am Blocksignal Brockenmoor und an den Einfahrsignalen von Schierke und Drei Annen Hohne "auf"! Im Bahnhof Goetheweg stand auf dem Rückdrückgleis ein Gegenzug (oben)! Das Bildmotiv der historisierenden Zugzielanzeiger (rechts) des Bahnhofs Drei Annen Hohne war das Letzte am Tage, bevor die Dunkelheit des frühen Abends so richtig hereinbrach.
PS: Moderne Sicherungsanlagen hat die HSB erhalten. Der Bahnbetrieb auf den Streckenabschnitten Wernigerode - Drei Annen Hohne - Brocken und Nordhausen - Ilfeld wird von zwei Zugleitern gesteuert, in Wernigerode und in Nordhausen Nord. Für beide Streckenabschnitte sind Elektronische Stellwerke in Wernigerode Westerntor und Niedersachswerfen Ost vorhanden. Gruppenausfahr- und Einfahrsignale (der Bahnhöfe), Blocksignale und Achszählgeräte dienen der Zugsicherung. Örtliche Betriebsbedienstete sind nach Bedarf in den Bahnhöfen Drei Annen Hohne, Schierke und Brocken tätig.  Auf den anderen Streckenabschnitten wird der Bahnbetrieb nach den Regeln des Zugleitbetriebs durchgeführt. An jeder Stelle haben die beiden Zugleiter Funkkontakt zum Fahrpersonal, wobei die Zugmeldungen vom Triebfahrzeugführer auszuführen werden. Der Betriebsstelle und die Art der Meldung ist im Buchfahrplan vermerkt und kann auch eine so genannte Verlassensmeldung (Vlm) oder Zugschlussmeldung (Zsm) sein.l

Exemplarisch ein Blick auf die Buchfahrplanseiten der Brockenbahn (links) und der Harzquerbahn (Mitte/rechts), hier vom Jahresfahrplan 2001 (Winterabschnitt)

siehe auch Harzbahnimpressionen 2008
(C) 2007, Thiel, Kolkwitz